Montag, 16. Mai 2011

Die Zeit rennt, wir troedeln

Nach den nervenaufreibenden Großtaten des vergangenen Berichts bedurften unsere Heldenkörper ein wenig der Ruhe und wir widmeten uns dem gepflegten Zuschauersport und weiteren Möglichkeiten des geruhsamen Zeitvertreibs. In Knysna schauten wir uns im Vorbeischlendern die Häuser der Reichen an und begutachteten kritisch teure Immobilienbroschüren wie richtige Erwachsene und versuchten vergebens wie ernsthafte Käufer zu wirken. Katja half einer ängstlichen Frau auf die Rolltreppe, die dieses unentwegt grimmig-stumm hoch- und runterschleichende stählerne Ungetüm nicht verstand und offensichtlich als wenig vertrauenswürdig einstufte. Auf dem Weg nach Jeffreys Bay kamen wir am höchsten Bungeesprung der Welt vorbei, jedenfalls nach deren Aussage- wie viele Anbieter das für sich in Anspruch nehmen, ist mir jedoch herzlich egal und würde mich auch nicht auf die Planke locken. Jedenfalls 210 Meter die Autobahn-Brücke hinunter für 56 Euro. Für den Betrag bekommt man also schon einen bestenfalls gescheiterten Selbstmordversuch, das Geld kann man dann doch besser bei Tchibo in ein Schokoladenfondue investieren. Es gibt sogar eigens Unterkünfte für die Delinquenten. Vielleicht kann man da auch all inclusive-Pakete buchen mit Henkersmahlzeit und der individuellen Verbliebenenbenachrichtigung nach Gusto und so was. Ich habe mich ertappt, darüber nachzusinnen, ob unsere Backpackerunterkünfte nicht ein wenig angenehmer wären, wenn doch wenigstens jedes 2. Seil nur ein wenig zu lang wäre…
In Jeffreys Bay konnten wir auf eindrucksvollen Wellen den Surfern zusehen, die zwischen Dutzenden von Delphinen ihre Beine vom Brett baumeln ließen und mit ihnen durch die Wellen schossen. Nach Partyleben, das man ihnen nachsagt, sah das bei den Surfern aber wahrlich nicht aus, denn die gingen alle tapfer um 7 Uhr morgens bei Nieselregel aus dem Haus, um sich bei Flut in die Suppe zu stürzen, wenngleich sie am Vortag noch bis ca. 18 Uhr im kalten Naß waren. Hier kann ich mal eine Weisheit eines Tauchlehrers zum Besten geben, wenn man sich nachdenklich über den aufkommenden Sturm und den eigenen Tauchgang äußert: „Believe it or not- you gonna get wet anyway“. Sehr hilfreich, danke. Es sah jedenfalls beeindruckend aus, wie sie inmitten der Delphine schwammen, nur fragten wir uns nur die ganze Zeit, ob wir das Vertrauen in unsere Augen aufbringen könnten, ihnen zu glauben, dass das nun nicht ein Hai sein könnte.

Im Vergleich zu den ländlichen Bereichen Südafrikas und besonders zu Namibia, sind die bisher genannten Städte meist ziemlich touristisch und vergleichsweise wohlhabend. In Jeffreys Bay gab es sogar eine künstliche Lagunenstadt, Marina Martinique, mit Bootszugang zum Meer viel Stacheldraht und bewachten Toren. Das alles dann klassischerweise neben dem großflächigen Slum, der aber relativ gut beisammen schien, sauber und aufgeräumt und aus größtenteils kleinen Häusern bestand, die alle, wie wir vermuten, neue Solaranlagen aufm Dach haben. Die obligatorischen Blechhütten standen dann als Backup-Haus dahinter als ob sie sich dann doch davon nicht trennen konnten. Hier im vermögenden Bereich der Ostküste und insbesondere der Gardenroute, sind deren Problem nicht die Verwahrlosung der Innenstädte, sondern die wuchernde Pest der Immobilienläden, die manche Straßen durchziehen wie bei uns die 1-Euroläden und Billigfrisöre. Die richtigen Großstädte entlang der Küste sind jedoch wahrlich häßlich, so z.B. Port Elizabeth, wo es zur WM echt traurig gewesen sein muss. Gleiches gilt für East London. Durban dagegen geht schon wieder aufgrund des langen Strandes und bietet sich als guter Standpunkt für Unternehmungen an. Ein Zeichen, dass in einer Gegend zu viele junge und soo coole Leute leben ist, dass die Städte ihre Namen verlieren, wie es auch hier geschieht: Port Elisabeth: PE!, Plettenberg Bay: Plett, Jeffreys Bay: J‘ Bay, Johannesburg: Jo‘ Burg.

Doch zurück zu den Tieren: Dann sind wir endlich wieder in einen Nationalpark, in den Addo-Elephant-Park, und haben dem Regen zum Trotz viel gesehen. Unser letzter Safariversuch scheiterte ja im Grenzgebiet zu Namibia und insofern hatten wir einiges nachzuholen. Wir haben eine Nachtsafari gemacht, die so sterbenslangweilig war, dass ich eingeschlafen bin und sogar ein Hase mehrmals versuchte, von unserem Auto überfahren zu werden, während uns unser Fahrer über die Vorzüge der Tatsache aufklärte, dass nur er die Taschenlampe benutzen durfte. Wir haben viele Elefanten getroffen, die Hyänen nur lachen gehört, aber dafür Löwen und Erdmännchen aus der Ferne beobachten können. Bei den Elefanten haben wir es wirklich geschafft, unbewußt das wichtigste Gebot des Parks zu mißachten: Keine Zitrusfrüchte im Auto, weil die Elefanten auf die abgehen wie nüscht und somit gerne die Autos auseinander nehmen, die welche in sich haben. Nun ja, wir wunderten uns schon ein bißchen, als auch der zweite Elefant uns offensichtlich hinterherlief und ich ihm wegfahren mußte, bis es uns endlich wie Schuppen von den Augen fiel. Wir haben sehr sehr viele Kudus und Pumbas gesehen und wer den Film König der Löwen kennt, der weiß, dass der arme Pumba Probleme mit der Verdauung hat und öfter mal ein Lüftchen lassen muss. Wir haben festgestellt, dass diese Schweine auf oral imitiertes Pupsen wunderbar reagieren. Disney sei Dank, wieder was über die Kommunikation von Tieren gelernt.

Damit hatten wir dann wieder das Abenteuer gewittert und waren wieder für Schandtaten bereit:
Katjas Surfwille wurde jedoch vom Wetter gebrochen (und der Tatsache, dass in einem Stranddorf nach 5 Todesfällen durch Haie die Surfschule geschlossen hatte) und mein Tatendurst wurde auch vollends gestillt. Ich hatte mich für einen Ausritt entschieden, weil ich mir das besser vorstellte, als morgens um 8 im Ozean zu planschen. Mein Gaul war aber so dämlich, dass er während einer Pause als ich die Zügel lockergelassen hatte und umgedreht quatschte, in einen Elektrozaun hineingraste. Mit dem Ergebnis, dass ich unter die Hufe geriet. Er hat mit seinem Huf um wenige Zentimeter die Kronjuwelen verfehlt, die Zukunft unseres Landes ist gerettet! Ich habe nun etwas meiner berüchtigten katzengleichen Beweglichkeit eingebüßt, bin aber sonst wohl auf.
Wir haben es für uns ein wenig überraschend geschafft, am Ende unserer Reise nicht zu sehr in Aktionismus zu verfallen und noch möglichst viel an Weg schaffen zu wollen. Wir haben 3 Nächte im abgeschiedenen Port St. John verbracht mit Wandern, Lesen und Wellen zusehen und nun unsere Zelte in St. Lucia aufgeschlagen, um von hier aus die Umgebung zu erkunden. Einer kleinen Stadt am Indischen Ozean, durch die abends die Nilpferde streifen und der Dank der Nähe zu Mosambique ein relativ mildes Klima gegeben ist. Wir waren in einem relativ kleinen Nationalpark, der uns aber eine Vielzahl von spektakulären Beobachtungen brachte, wie ihr an den Bildern sehen könnt. (Tja, muss auf Grund technischer Probleme leider nachgereicht werden.) Die Geparden mit ihrer Beute direkt neben der Straße und die vielen Nashörner in unmittelbarer Nähe waren die Highlights. Es ist erstaunlich, was ein erschrecktes Zucken eines Nashorns mit dem menschlichen Puls so anstellen kann, wenn das Tier nur nah genug am Auto ist.

Randbemerkungen: Ich wurde schon wieder beim Fahren ohne Führerschein erwischt. Nur diesmal waren wir gerade dabei, den Polizisten zu bestechen als ein höherer „Beamte“ kam und unserer sich dabei nicht ertappen lassen wollte und uns ungeschoren ziehen ließ. Hoffentlich das letzte Mal.

2 Kommentare:

Papa Swarat hat gesagt…

Was, die sagen wirklich Jo‘ Burg zu Johannesburg? Haben die nie von Joanna gehört?
http://www.youtube.com/watch?v=2qPmgeuLyLU&feature=related

Almut hat gesagt…

Top Lied! Da hab ich bestimmt den Abend über noch `n Ohrwurm von...
Gimme hope Jo`anna....