Mittwoch, 9. Januar 2013

Wieder unterwegs... diesmal: Gardenroute à la Grandpa- auf Du und Du mit Seefuß, Nischelhorn & Co


Prolog

Eine Halle im Halbdunkeln, dämmrige Neonröhren und Abgrenzungsbänder weisen dem schleichenden Zug gebeugter, müder Economy-Menschen den Weg zur Abfertigung. Aus den Lautsprechern tönt blechern und abgehakt Boney M. „Daddy cool“. Ein großer Mann mit dunkler Sonnenbrille und weißen Haaren betritt die Halle, zügig und aufrecht. Viel zu tun, spricht aus seiner Haltung. Außerdem durchweicht das warme Karamell spürbar die Serviette in der Hosentasche, in der das Stück Businesslounge-Kuchen für die Enkelin eingewickelt ist. Donnerstag, 04.10.2012, früh morgens, Cape-Town International Airport: Gust, Horst Gust, betritt die Temperaturkontrolle, senkt die Sonnenbrille und blickt in die Infrarotkamera. Auf dem Display erscheint seine Silhouette im bläulichen Schein des sonst rotleuchtenden Wärmebildes. Die Köpertemperatur eines Kaltblüters, die Sicherheitsleute zögern, mustern, murmeln, wundern, winken durch. Geschafft! Afrika.

So oder ähnlich trug es sich zu. 80 Jahre, wer wird das schon? Und wenn ja, in welchem Zustand? War es nun an der Zeit, sich aufs Altenteil zurückzuziehen…?

Nach gründlicher Introspektion des eigenen Selbst fiel die Diagnose überraschend gut aus. Also doch kein Ende? Doch wieder Skiurlaube, Revival of the Klammerei? Doch nicht zu welk? Außerdem der Maya-Kalender! Auch wenn man nicht dran glaubt, steht er doch als sinnbildliche Mahnung zum ausgeschöpften Verbringen der eigenen Zeit. Im Grunde ist es doch so: Safari bleibt Safari, ob Stadtforst, Großstadtdschungel oder afrikanische Savanne. Das dachte sich auch der kürzlich gekrönte Jubilar.

Dem demographischen Wandel geschuldet existieren Anbieter von Seniorenreisen. Statt dem Messgerät im Gepäck, sitzt dort der eigene Kardiologe im 4x4 Offroader neben einem und jauchzt über die wilde Fahrt, nur um den Patienten im gleichen Atemzug zu autogenen Entspannungsübungen zu ermutigen- fürs Herz. Betreutes Seniorenreisen? Das verheißt fußlahme, gichtgeplagte, vergessliche und verbitterte Rentner um einen herum, nein, da reicht es doch, wenn man selbst der Älteste ist, Toleranz hat auch im Alter sein Grenzen. Dafür doch wahrlich zu jung.

Mit 80 Jahren also durch den Dschungel wandern? Trotz Arthrose Wüsten durchqueren? Für die „Best-Ager“ heutzutage kein Problem.
  
05.10.2012
 Koordinaten: -Kapstadt-Simon‘s Town-Kalk Bay-Muizenberg-Kapstadt-

Die drittgrößte Stadt Südafrikas, 3,5 Mio. Einwohner und Sitz des Parlaments in der Tafelbucht des Atlantiks gelegen und als erste Stadtgründung der Kolonialzeit oftmals liebevoll als Moederstad bezeichnet. Berühmt ist Kapstadt vor allem durch sein Wahrzeichen, den Tafelberg, dessen plateauförmige Oberfläche zusammen mit Signal Hill, Lion’s Head und Devil’s Peak die Skyline der Stadt dominiert.

Die Reise beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück im Hotel, oder wie man ein Essen mit den Komponenten Müsli, Crêpes, Rührei mit Bratwurst und Kartoffeln kategorisiert. Auf den Zeigerschlag genau war die soeben eröffnete Tafel von hungrigen Gestalten umkreist und uns beschlich bereits die leise Ahnung, unter Landsleuten zu sein. Denn welches Volk ist sonst so penibel korrekt, um sein schließlich teuer bezahltes Mahl der angekündigten Uhrzeit gemäß in möglichst großer Menge einzunehmen. Und so war es dann auch. Nachdem wir gesättigt und durch baden-württembergische Ausführungen zum momentanen Stand der Kultur im Land gestärkt waren, fuhren wir zum Tafelberg.  Das anfangs trübe und kühle Wetter war schließlich freundlicherem gewichen, was leider auch den übrigen Ausflüglern nicht verborgen geblieben war. Außerdem zahlen Rentner und Studenten freitags nur die Hälfte. Bereits am Fuße der Straße zur Bahnstation standen wir im Stau. Der erfahrene Opa setzte sich fürs frühzeitige Umkehren ein, die tatendurstigen Greenhorns hingegen, in der Mehrzahl, überstimmten vorerst. Doch im Angesicht des chinesischen Exodus auf den Berg, insistierte der Opa erneut, diesmal erfolgreich. „Ja, sagten die Kinder, recht haste!“

Wir fuhren also im Sonnenschein wieder davon über die dramatischen Küstenstraßenkilometer des Chapman‘s Peak Drive nach Simon’s Town, dem wichtigsten Stützpunkt der South African Navy, deren Schlachtschiffe im Hafen mit den im viktorianischen Stil erbauten Häusern der britischen Kolonialmacht eine wunderbare Kulisse formen. Doch die eigentliche Attraktion der kleinen Stadt an der False Bay ist unumstritten die Kolonie der Brillenpinguine. Nach der ersten ausgiebigen Fotosafari stärkten wir uns im Hafen mit Apple Crumble mit Vanilleeis und Calamari `n Chips und waren in Südafrika angekommen.

Der Rückweg nach Kapstadt führte uns durch die Kalk Bay mit ihren Kunsthandwerk-Läden und Muizenberg mit den bunten Strandhäuschen und Surfern. Den Sonnenuntergang genossen wir auf dem Signal Hill mit Blick auf Kapstadt in romantischer Atmosphäre inmitten eines riesigen Filmteams für einen Apple-Werbespot und einem geruchsintensiven fahrbaren Donnerbalken.

Der beständige Wind Kapstadts brachte kühle Abendluft und ließ uns in ein Restaurant einkehren. Wir aßen mit aller rechtschaffenen Intensivität und verteilten bei der gegenseitigen Fütterung mit kulinarischer Hochherzigkeit Sushi, kapmalaiisches Meeresfrüchtecurry und Thunfisch in Sesamkruste über den Tisch. Nachdem auch die Gläser munter umgestoßen wurden, waren wir uns der Herzen der Kellner gewiss und bekamen einen Nachtisch, dessen Größe und Dichte selbst Reinhold Messner noch beeindruckt hätte.
  
06.10.2012
 Koordinaten: -Tafelberg, Busrundfahrt, Camps Bay-

Ohne Frühstück standen wir um 07:30 Uhr am, was das Wetter angeht, divenhaft launigen Tafelberg, und fuhren in der ersten Gondel nach oben. Erwähnenswert bei dieser ist, dass der Boden rotiert, was zu kuriosen Turnübungen führt, wenn sich Menschen krampfhaft am Geländer festkrallen, um ihren mühsam ergatterten Platz zu behaupten oder einfach nur aus blanker Panik die Hände nicht lösen wollen.
Der höchste Punkt des Tafelberges ist am nordöstlichen Ende des Felsplateaus mit 1087 m. Die Gesamtfläche beträgt rund 6500 Hektar, zum Vergleich: der Spandauer Forst hingegen 1347. Oben angekommen gab es Frühstück für Bergsteiger mit Würstchen und Bolognese inklusive gefiedertem Wildflug im Lokal (Grüße an Steffi). Bemessen wurde der Preis am Gewicht der Portion, Tagessieger war Gerry. Er hatte aber ja auch die Servietten und die Butter für die anderen auf seinem Tablett…
Es folgte eine ausgedehnte Wanderung über den Berg, die uns an machen steilen Passagen auch zum Klettern zwang. An dieser Stelle muss einmal gesagt sein, dass der Verfasser dieser Zeilen ab und an von dem Gefühl übermannt wurde, mit zwei unverbesserlichen Botanikern auf Reisen zu sein. Selbst die Drohung griff nicht, dass eventuell anwesende großkatzige Carnivoren von diesem vegetarischen Verhalten, ihrem bekanntlich stolzen Naturell entsprechend, beleidigt sein mochten und sich verpieseln würden, was den Wunsch einer Sichtung unmöglich machen würde. Oder waren das nur Strategien zur unauffälligen Erholung, die Verschnaufpausen als Fotostop zu kaschieren? Großzügig blühenden Blumen (in der Kapregion besonders der Fynbos) gab es jedenfalls in Hülle und Fülle. Außerdem sieht der Autor auch ein, dass sich unbewegliche Ziele vergleichsweise leichter fotografisch dokumentieren lassen. Ein Anbieter fürs Abseilen an den Klippen bot Opa Horst angesichts seines Alters sogar den halben Preis an. Nachdem wir jedoch dieses Angebot ausgeschlagen mussten, nur aus Zeitgründen versteht sich, waren wir schon um 10:30 Uhr an der Talstation im Bus für die Stadtrundfahrt. Um diese Uhrzeit hatten wir am vergangenen Tag noch nichts gemacht- außer schlechte Erfahrungen.

Nach einem Besuch der vom fröhlichen Treiben von Darstellern, Tänzern und Musikern geprägten Victoria und Alfred Waterfront, wären wir doch um Haaresbreite in die falsche Buslinie gestiegen, hätte nicht einer aufgepasst: „Ja, sagten die Kinder, recht haste!“ Mit dem Bus durchfuhren wir die reichen Vororte in den umliegenden Buchten Kapstadts, durchkreuzten die Innenstadt und sahen das berühmte Viertel „District Six“, das ein bedrückendes Mahnmal der gewaltsamen Zwangsumsiedlung innerhalb Kapstadts ist und legten am oasengleichen Company Garden noch einen Kaffee- und Kuchenstop ein.

Das Abendessen führte uns nach Camps Bay, wo wir die letzten Sonnenstrahlen am Strand genossen, und danach den Tag mit einer prächtigen Seefuß-Platte gebührend verabschiedeten. Danach folgte das allabendliche Ritual im zunehmenden Dämmerzustand prä-noctem: Bilder überspielen und gemeinsames Rekapitulieren und um 21 Uhr hieß es bereits: Nachtruhe.

07.10.2012
 Koordinaten: - Duiker Island, Kap der Guten Hoffnung-

Es regnete und war windig. Nach kurzer Anfahrt, gingen wir um 10 Uhr an Bord eines Kahns, der uns zur Robbenkolonie vor die Küste bringen sollte. Wir fühlten uns wie auf einem Flüchtlingsboot inmitten von Asiaten. Der kräftige Wellengang und das beständige Rollen des Schiffes zermürbte einen von ihnen derart, dass er eine Plastiktüte bis zum Bersten wiederkäute. Er wurde von diesem Augenblick an zu all seinem Unglück auch noch von seinen chinesischen Freunden mit angewiderten Blicken gemieden, so was macht man ja auch nicht vor anderen Leuten, ist ja eklig.
Nachdem wir beinahe ein mannshohes Bild für das Gustsche Wohnzimmer gekauft hätten, kamen wir am sonnenbeschienen Kap der Guten Hoffnung an. Die mindestens 23 Wracks unterhalb der Felsenzunge dokumentieren in aller Deutlichkeit, weshalb es früher wegen seiner Winde und Felsen berüchtigt war und Bartolomeo Diaz es nicht zu Unrecht bei der Erstumsegelung 1488 Cabo das Tormentas (Kap der Stürme) nannte. Opa Horst bemerkte mit spitzer Zunge, dass beinahe alle Flaggen dort wehten, nur die Deutsche nicht. Ein anderer Deutscher wurde derweilen Opfer der Fütterungswut weiterer Deutscher, denn ein Vogel biß ihm sein Sandwich aus der Hand. Die Schimpfwörter klingen uns immer noch in den Ohren und vielleicht gibt es ja wirklich so was wie Vogeltripper, worüber er mutmaßte, während er dem Vogel den Mittelfinger wild entgegenschüttelte. Wir bestaunten und erwanderten das Kap und fuhren noch durch den blühenden Nationalpark, der es großzügig umgibt. Bestimmt wird dieser durch die vielseitige Fynbos-Vegetation und die weiten Ebenen durchstreifen Strauße, Kap-Antilopen und Paviane, samt Unmengen an Vögeln. Nach den Besichtigungen des Tages beschlossen wir, da wir nebst Wild auch den ersten Wal erspäht hatten, diesen entsprechend mit Surf `n Turf ausklingen zu lassen.
08-09.10.2012
 Koordinaten: - Kapstadt, Stellenbosch, Franschhoek, Hermanus -

Nach der Besichtigung zweier von mehr als 120 Weingüter und einer geführten Weintour mit Verköstigung, statteten wir Stellenbosch, der wohlhabenden Weinhauptstadt Südafrikas, einen Besuch ab. In der Stadt ist die Wirtschaftskraft deutlich spürbar und das Äußere durch die architektonischen Relikte der niederländischen Ostindienkompanie bestimmt, die ab Mitte des 17. Jahrhunderts die Kapregion zu besiedeln begann. Nach einer regnerischen Fahrt zurück zur Küste bezogen wir in Hermanus bei einem Deutschen Quartier.
Hermanus, 120 Km östlich von Kapstadt, wird zur Walsaison, wenn die südlichen Glattwale ihre Kälber in der geschützten Bucht großziehen, zu einem pulsierenden Ferienort. Da unsere Unterkunft an vorderster Front mit Meeresblick gelegen war, konnten wir den Walen beim Springen aus den Sesseln zusehen. Das ersparte uns vorerst den strömenden Regen und begleitete die Kaffeepause, die immer wieder von Ausbrüchen in der Art: „Mensch, was ein Oschi“, „BOAH! SO groß war wirklich noch keiner, hoho“ untermalt wurde. Katja rief ab und an dazwischen: „Oh, schaut mal, wie süß.“ Nun ja, manche geschlechterspezifischen Vorurteile bewahrheiten sich dann eben doch.
Zum Spätnachmittag hin trieb es uns dennoch hinaus in den Regen, um den Walen näher zu kommen. Die Bootstour für den nächsten Morgen verschoben wir jedoch angesichts der Wetteraussichten. Der kommende Tag brachte auch keine Wetterveränderung. Wir trotzen dennoch am Vormittag dem Regen und wurden auch durch die aktiven Wale belohnt und hatten sogar das Glück, ein Albino-Kalb zu sehen. Den Mittag verbrachten wir vor unserem Panoramafenster und spielten eine Runde Phase 10, die erstaunlich souverän vom Autor gewonnen wurde.
 10.-11.10.2012
 Koordinaten: - Hermanus, De Hoop Nature Reserve, Knysna -

Um 06:00 ging die Sonne an einem wolkenlosen Himmel auf, das Verschieben der Bootstour hatte sich gelohnt. Die See war außergewöhnlich glatt und ruhig und die Wale kamen uns unglaublich nah. Ein fantastisches Erlebnis samt zusätzlicher Delphin-Herde und Riesenqualle.
Die Bootstour war um 11:00 beendet und wir fuhren in das De Hoop Nature Reserve. Zebras, Strauße, Antilopen, Affen und eine riesige weiße Sanddüne direkt am Meer. Dort tummelten sich auch noch Wale vor der Küste und wir spazierten auf den verlassenen Sandwehen herum. Für den Nachmittag buchten wir eine hervorragend geführte Marine-Tour durch die Gezeitenpools am Strand, die uns alle drei, trotz fortgeschrittener Kälte, Müdigkeit und Hunger, in ihren Bann zog. Der junge, schwarze Ranger war ein mitreißender Redner und er fischte uns einen tellergroßen Seestern nach dem anderen heraus, gefolgt von allem möglichen und unmöglichen Lebewesen (wie z.B. spuckende Anemonen) aus den Löchern im Riff- nur ein Oktopus ließ ihn mit gesträubten Nackenhaaren und überschlagender Stimme die Beine in die Hand nehmen. Die Nachtruhe in unserem idyllisch gelegenen weißen Haus hoch über dem Meer mit Blick auf die Düne, wurde nur durch die über das Dach hetzenden Paviane gestört.
Vom Abendessen erwähnenswert: Wir bekamen nicht die üblichen Bonbons mit der Rechnung, was für uns tatsächlich ein mittelschwerer Schock war und uns gegenüber saß ein jungfrauliches Abenteurerpärchen auf Hochzeitsreise, wie die Spuren im Sand uns bereits verraten hatten.  Der Mann nötigte Gerry einige Selbstbeherrschung ab, denn er aß wie eine Kopie des TV-Gastrokritikers Heinz Hormann. Er begutachtete sein Steak, nickte zufrieden, forschte weiter, wendete, schob und säbelte und kaute, wie es Loriot nicht hätte besser zeichnen können.

Apropos Essen: Da wir uns am nächsten Morgen selbst versorgen mussten, gab es zum Frühstück Sandwiches. Das kam bei Opa nicht gut an. Salat zwischen Brotscheiben schienen keinen sinnvollen Zusammenhang zu bilden. Es war im Übrigen bitterkalt und da wir eh die längste Fahrt der Reise vor uns hatten, verweilten wir nicht unnötig lange. Die ersten Kilometer mussten wir über Schotterpisten durch die Kornkammer des Westkaps fahren und auch einen Fluss mit handgezogener Autofähre überqueren. Nach quälend langer Zeit erreichten wir schließlich die Autobahn.

Nächster Halt war Knysna, die Hauptstadt der Garden Route, die an einer Lagune liegt, die nur durch eine schmale, felsige Einfahrt mit dem Indischen Ozean verbunden ist. Bekannt ist die Stadt auch durch die Austernzucht und das blamable Scheitern der französischen Nationalmannschaft von 2010, le fiasco de Knysna.

Nach einer Lagunenrundfahrt auf einem Dampfer aßen wir bei Ocean Basket zu Abend. Nachdem wir mal wieder eine großzügige Portion niedergerungen hatten, begann der forsche Kellner erneut den Tisch vorzubereiten und brachte uns die Vorspeisenbrote und Dips, woraufhin wir im Chor stöhnten: „NO! Please not again!“


12.10.2012
 Koordinaten: -Knysna, Plettenberg Bay, Nicks Village, Nature Valley, Storms River-

Nach dem Frühstück erreichten wir nach einer halben Stunde Fahrt Plettenberg Bay, das 600 Km von Kapstadt entfernt, malerisch an der Mündung des Keurboom's River gelegen ist.

Auf mehreren Aussichtspunkten, die man sich auf den Felsen erlaufen musste, wurden wir mit herrlichen Ausblicken auf die Stadt, den Strand und die badenden Menschen im Wasser belohnt. Am Strand steht dort auch leider völlig unpassend ein großer Hotelblock, der die ganze Bucht dominiert. In der unnatürlich ruhigen, gewaltig großen Bucht fuhren zwei Whalewatcher-Boote, die aber keinesfalls das Spektakel ihren Gästen bieten konnten, wie wir es genossen hatten. Sie fuhren in großem Abstand einem ab und an auftauchenden Wal hinterher. Das war für uns, den mit allen Wassern gewaschenen Watchern, nur mit einem beiläufigen Schulterzucken abzutun. Wir wandten uns lieber neuen Abenteuern zu.

Und so wechselten wir das Flussufer und fuhren hoch zum Robberg Nature Reserve wenige Kilometer südlich von Plettenberg gelegen. Das Eingangstor bewachte ein schlanker junger Schwarzer, der eine perfekt geschnittene, eng anliegende schwarze Hose anhatte und schicke, glänzende Anzugsschuhe. Dazu ein weißer Pulli vom Reservat und komplettiert wurde das elegante Outfit aber mit einer Wollmütze, die schon einige Winter gesehen hatte. Jedenfalls war er sichtlich fröhlich und freute sich seiner Erscheinung, die wir auch mit einigen Thumbs Up würdigten.

Wir nahmen dort eine Wanderung in Angriff, die sich schnell als spektakulärer, aber gerölliger, steiler und schattenloser Klippenkletterweg entpuppte. Während wir munter ausschritten, wurde unsere kleine Generationengruppe des Öfteren von Trägern mit geschulterten Zementsäcken überholt. Wir machten uns aber wenig Gedanken, abseits der flüchtigen Erkenntnis, dass die auch mal ne Pause verdient hätten. Der Weg begann zunehmend steiler und für Opa immer anstrengender zu werden und artete in eine regelrechte Kletterei an den Klippen hoch über dem Meer aus. Nach 1,5 Stunden war dann endlich auf allen Vieren ein Plateau mit Blick auf tief unten im Wasser spielenden Robben erreicht. Eine dort angebrachte Karte offenbarte uns die beeindruckende Wegleistung von ca. 3 km, womit gerade einmal die Hälfte der Strecke geschafft war.

Kurz vor dem sandigen Abstieg zur gegenüberliegenden Bucht, wo wir eine Abkürzung zurück nehmen wollten, wurde uns von entgegenkommenden und sichtbar ausgelaugten, dehydriert-(trockenobst)faltigen Wanderern eröffnet, dass der Weg geschlossen sei. „Deswegen die Arbeiter, ich wusste es von Anfang  an“, flüsterte uns unser wieder aufmüpfig werdender innerer Schweinhund mit einigem Triumph zu. Also all das Elend zurück.

Anschließend ging es gleich ins Auto, um in Old Nicks Village, einem Künstlerdorf nahe der Stadt, einen wohlverdienten Mittagssnack zu uns nehmen. Opa Horst aß ein Omelette mit Hühnchenleber, das er für Eierkuchen hielt. Währenddessen ließen sich die einfältigen Kinder aufklären, dass nicht nur ein Espresso nach dem Essen sehr wohl gefällige Wirkung entfalten kann, sondern noch mehr ein kühler trockener Weißwein am Nachmittag dem körperlichen Wohlbefinden zuträglich ist, und jeder, der das nicht begriffe, im Übrigen selbst schuld sei.

Um diese Erkenntnis reicher und frisch gestärkt, fuhren wir die 60 Km bis Storms River. Einem Hinweise der letzen Herbergsmutter folgend, nahmen wir einen Umweg über das herrliche Nature Valley. Der Wald wurde immer dichter und die schmale, steile und kurvige Straße, bohrte sich immer tiefer in den Wald hinein, bis sich endlich eine Bucht vor uns öffnete. Es zeigte sich ein anmutiges und friedliches Bild: Eine breite Flussmündung, gesäumt von saftig grünen Ufern, versandete zwischen den bewaldeten Bergausläufen in der Sanddüne, die an der Küste endete und von Meer aus zog die Gicht vom Wind getrieben wie einen Schleier über den Strand. Nach beiden Seiten zog sich so weit das Auge reichte, ein breiter Sandstrand, auf dem sich  Angler und Wanderer mit Hunden tummelten und vor dem Wind geschützt an den Hängen saßen die Familien beim Picknick, ein herrlicher Geheimtipp.

Auf dem Rückweg durchfuhren wir eine gesperrte Straße und begutachteten die Flutschäden mit morbidem Interesse, bremsten gar für eine Horde Baboons (Wird ein Touri beim Füttern erwischt, werden 50 Euro Strafe fällig) und fuhren bereits vor 18 Uhr in Storms River Village ein, das 5 Km östlich des Storms River Mouth, außerhalb des Tsitsikamma Parks gelegen ist. Ein kleines Dörfchen aus B&Bs und Hotels, in dessen kleinem Supermarkt auch das Geld im Geldautomaten aus war. Da wir aber kein enthemmtes Shoppen im Sinn hatten und unser Holzhaus im Wald, eingebettet zwischen Farnen und Urwaldriesen, verhältnismäßig kühl wurde, zog es uns alsbald unter die Bettdecken.

13.-14.10.2012
 Koordinaten: -Tsitsikamma National Park, Jeffreys Bay-

Am nächsten Morgen frühstückten wir in einer netten Hotelanlage auf der sonnigen Veranda, in der es eine Vielzahl an deutschen Gästen gab, deren Herkunft an den blondierten 80er Jahre Mähnen der jungen Damen und ihren stimmlichen Klangfarbe eindeutig auf die neuen Bundesländer bestimmt werden konnte. Da wir uns also nicht zu benehmen brauchten, haben wir nur zweimal das Buffet bestellt und Katja das übrige Essen mitgebracht. Ach ja, und dann kullerten noch in zauberhafter Weise fünf Muppets (siehe Lingua Opa) ins Hemd, das entdeckten wir erst, nachdem wir gegangen waren.

Das Großereignis, das die sonst ruhige Gegend mit kolenhydratgierigen Ausdauersportlern füllte, war der Otter Trail. Ein Lauf über die Marathondistanz mit Kletterpartien und Schwimmpassgen und sicherlich luftraubenden 2000 Höhenmetern. Der Sieger kam dann blutend von Stürzen aber sichtlich munter nach 4:20h ins Ziel. Die Zeit ist, gelinde gesagt, absolut krank! Die ersten 3 Läufer haben wir beklatscht, dann kam von Katja (Ein Hoch auf die Smartphones) die Hiobsbotschaft, dass die nächsten Tage nur Regen bringen würden und das Schlamassel bereits jetzt seinen Lauf nehmen sollte.

Also nahmen wir unsere Wanderung über die Hängebrücken des Storms River Mouth in Angriff. Ein Boardwalk mit vielen Treppen und Unmengen riesiger Callas an den Hängen. Über die Brücken gingen wir noch gemeinsam, doch auf den Lookout weit oben über dem Meer kletterten Katja und Gerry allein. Wieder unten angekommen und beim Kaffee vereint, begann auch sogleich der Regen.

100 km weiter östlich erreichten wir am frühen Nachmittag die legendäre Surferstadt Jeffreys Bay. Wir bezogen eine schöne Unterkunft mit eigenem Strandzugang, wunderbarem Aufenthaltsraum mit Meerblick und ausgesprochen netten Besitzern.

Einschub: Bevor die Geschichte weitergeht, müssen ein paar Zeilen darüber verloren werden, dass Gerry sich jeden Morgen genötigt sah, dem beeindruckenden Mahl seiner Gefährten Folge zu leisten. So auch in Jeffreys Bay. Zu den üblichen Bestandteilen eines gelungenen Frühstücks, kam hier eine Wurst- und Käseplatte und Pancakes mit Ahornsirup dazu. Opa Horst verspeiste geschäftig 5 Toast und Müsli und Katja ist ja für ihre Ausdauer diesbezüglich ebenso bekannt. Hätte der gebeutelte Autor nun nicht sein bestes am Tische gegeben, hätte ihn ja viel früher der Hunger im Laufe des Tages ereilt, als die beiden. Abends musste er auch wechselseitig einspringen, wenn einer der beiden noch ein Appetitchen auf ein Nachtischchen verspürte, aber nicht allein genießen wollte.

Den Vormittag verbrachten wir am Strand und durchforsteten emsig die Gezeitenpools nach den Lebewesen, über die wir in De Hoop so viel gelernt hatten. Wir fanden zwar keine intakten Austern oder Abalonen, aber zumindest ihre Schalen und viele Seestern und Muscheln aller Couleur. Den Mittagssnack nahmen wir am besten Surfspot der Stadt zu uns und begutachteten fachmännisch die Fähigkeiten der Wellenreiter. Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass auf dem Rückweg Opa Horst ein wenig der jungendliche Übermut ereilte, denn er geriet in die Fluten.

Vom Abendessen bleibt noch zu erwähnen, dass Katja mit dem Rücken zu einem Fernseher mit Rugby-Übertragung saß, das ihre männlichen Reisebegleiter in den Bann zog. Sie soll das Essen nicht mit Begeisterung in Erinnerung behalten haben. Die Kommentare jedoch glichen sich denen über die Wale: „Mann, ist das ein Oschi!“,  „Was für ein Vieh, Junge Junge!“, „Oooh, das ist aber ein gehöriger Brummer!“

Abends wurde noch ein Phase 10-Spiel beendet. Gerry wusste geschickt, den Konflikt der Gegner auszunutzen und gewann, während sich diese im Spannungsfeld zwischen gewissenloser Regelauslegung und Spielethik befanden.

15.-17.10.2012
 Koordinaten: -Addo-

Das Wetter im Addo-Elephant-Park im Sundays River Valley, 70 Km nordöstlich von Port Elizabeth, zeigte sich der Vorhersage entsprechend von seiner schlechtesten Seite. Im regnerischen Halbgrau wirkten die paar Häuser vor den Toren des Parks noch unwirtlicher und wir fuhren trotz Regen noch in den Park hinein und wurden auch bereits mit viel Elefantenbewegung entlohnt. Der Park ist mit seinen 1.800 km² der drittgrößte Südafrikas. Er wurde 1931 gegründet als die Farmer der Region die Elefanten-Population bis auf 16 Tiere dezimiert hatten. Nun leben wieder mehr als 450 ihrer Art in dem geschützten Gebiet, neben Löwen, Leoparden, Hyänen, Nashörnern, Büffeln und verschiedenen Antilopen- und Zebraarten. Wenngleich auch die großen Jäger gering an der Zahl sind und selten gesichtet werden, so ist das einzigartigste Tier des Parks der allgegenwärtige, flugunfähige und riesige Kugeln aus Elefantenkacke rollende Dung-Beetle.

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker um 5 Uhr, denn wir hatten uns zu einem Morning Drive angemeldet. Das Wetter war mies. Regen in Strömen und Wolken bis zum Boden. Das versprach aber die zweifelhafte Gewissheit, dass im unwahrscheinlichen Falle einer Sichtung, das Tier sich immerhin in greifbarer Nähe befand. Auf dem Jeep fand sich sogar noch ein Pärchen ein. Unser Führer war ein netter, lustiger junger Schwarzer, den wir Calvin Klein, abgekürzt CK, nennen sollten. Aber nicht verraten, bat er uns, sonst hätte er ja keine Ruhe mehr. Hat viele Witze gemacht und munter erzählt. So z.B., dass Engländer wegen des vielen Elefantendungs immer sagen würden, der Park sei „full of shit“. Für Gerrys Verhältnisse waren wir also in den frühen Morgenstunden bereits beim richtigen Humor angekommen.

Die Tour führte uns sehr nah an Elefanten heran und dank der ein wenig Transparenz gewinnenden Wolkendecke waren auch die Sichtverhältnisse mittlerweile besser. Ein junger Bulle spielte sein Machtspielchen mit uns und räumte die Straße erst nach ausgiebigem Stop-and-Go-Spiel mit mehrmals angetäuschtem Nachgeben. Vor uns kreuzte noch ein höchstens drei Wochen altes Elefantenbaby auf seinen wackligen Beinen den Weg, was das frühe Aufstehen gänzliche entschädigte. Ziemlich verfroren frühstückten wir um 9 Uhr im Park und bewunderten in einem Birdhide die farbenprächtigen Bishopvögel und bestiegen alsbald wieder unseren eigenen Safaribus.
Wir bewiesen einige Standhaftigkeit und wurden ab 15 Uhr auch mit einem aufziehenden Himmel belohnt. Wir fuhren also an diesem Tage geschlagene 12 Stunden durch den Park. Bis auf die großen Fleischfresser, es sei beiläufig an die Botaniker erinnert, hatten sich uns alle Tierarten gezeigt: Elefanten in vertraulicher Nähe in verschiedenen Gruppengrößen, Büffelherden, Antilopen, große Schildkröten, Schakale, Warzenschweine und es war uns sogar vergönnt, eines der seltenen Nashörner zu sichten.

Der nächsten Morgen war bereits der Tag der Rückreise. Wir durchfuhren den Park noch für 3 Stunden in südlicher Richtung, um in Port Elizabeth den Flieger nach Kapstadt zu bekommen. An diesem Morgen zeigte sich uns die Natur noch einmal in alle ihrer schrecklich-schönen Kraft. Wir sahen einen großen Büffel, der offenbar von einer großen Wunde niedergerungen worden war, an dem schon die Vögel bei lebendigem Leibe pickten. Wir mussten zum Glück nicht mit ansehen, wie die Hyänen und Löwen ihn fanden. Zu unserem Seelenheil erklärte Katja uns, dass die Vögel die Wunde reinigten und ihm es dann sicherlich viel besser ginge. Opa sagte: „Ja, das behalten wir mal im Kopf, das ist besser.“

Nach diesem tröstlichen Ende, sei erlaubt, ein afrikanische Sprichwort zum Besten zu geben: „Und wäre das Huhn noch so schlau, eines Tages kommt es doch in den Kochtopf.“ sala kukuhle, wie die Xhosa sagen. In diesem Sinne heißt es: Auf Wiedersehen, Afrika!
P.S. Das nächtliche Protokoll verrät: Opa schnarcht nicht! Ab und zu röchelt es allenfalls…

Montag, 23. Mai 2011

Schüss bis morgen


Nach 14 Ländern und mehr als 14.000 gefahrenen Kilometern (ups, allein in Afrika…), 5 vollen Tagebüchern, 7 Flaschen Sonnencreme, mindestens 6 Naturkatastrophen, gefühlten eine Million kritischen Bergpässen und vieler spaßiger Erlebnisse sind wir am Ende unserer Zeit angekommen.

Der Vollständigkeit halber sei noch berichtet:
Wir haben noch schnell Swasiland durchfahren, den Blyde River Canon besucht und ein paar schöne Tage im Krüger Nationalpark verbracht, wo wir noch einige Tiere zu Gesicht bekommen haben. Verabschiedet haben wir uns bei der Kontrolle am Augangstor mit der Antwort auf die Frage, ob wir Wildereigut im Van hätten, dass dort nur ein Elefant sei. „Den behaltet man ruhig“, war seine Entgegnung.

Ins letzte Album haben wir noch eine kleine Auswahl an Bildern zugefügt, die während unseres letzen afrikanischen Frühstücks hochgeladen werden, damit ihr Euch auch die Zeit vertreiben könnt, während wir wegen der isländischen Aschewolke in den Arabischen Emiraten nach Öl graben.

Wir danken euch für eure Leseausdauer, das ganze Feedback und die Aufmerksamkeit, die ihr uns geschenkt habt und verneigen uns vor eurer Leistung, die zugegeben langen Texte und vielen Bilder gelesen zu haben.

Dienstag, 17. Mai 2011

Schwaratzkies in Afrika 3


So, bitteschön, nachgereicht

Montag, 16. Mai 2011

Die Zeit rennt, wir troedeln

Nach den nervenaufreibenden Großtaten des vergangenen Berichts bedurften unsere Heldenkörper ein wenig der Ruhe und wir widmeten uns dem gepflegten Zuschauersport und weiteren Möglichkeiten des geruhsamen Zeitvertreibs. In Knysna schauten wir uns im Vorbeischlendern die Häuser der Reichen an und begutachteten kritisch teure Immobilienbroschüren wie richtige Erwachsene und versuchten vergebens wie ernsthafte Käufer zu wirken. Katja half einer ängstlichen Frau auf die Rolltreppe, die dieses unentwegt grimmig-stumm hoch- und runterschleichende stählerne Ungetüm nicht verstand und offensichtlich als wenig vertrauenswürdig einstufte. Auf dem Weg nach Jeffreys Bay kamen wir am höchsten Bungeesprung der Welt vorbei, jedenfalls nach deren Aussage- wie viele Anbieter das für sich in Anspruch nehmen, ist mir jedoch herzlich egal und würde mich auch nicht auf die Planke locken. Jedenfalls 210 Meter die Autobahn-Brücke hinunter für 56 Euro. Für den Betrag bekommt man also schon einen bestenfalls gescheiterten Selbstmordversuch, das Geld kann man dann doch besser bei Tchibo in ein Schokoladenfondue investieren. Es gibt sogar eigens Unterkünfte für die Delinquenten. Vielleicht kann man da auch all inclusive-Pakete buchen mit Henkersmahlzeit und der individuellen Verbliebenenbenachrichtigung nach Gusto und so was. Ich habe mich ertappt, darüber nachzusinnen, ob unsere Backpackerunterkünfte nicht ein wenig angenehmer wären, wenn doch wenigstens jedes 2. Seil nur ein wenig zu lang wäre…
In Jeffreys Bay konnten wir auf eindrucksvollen Wellen den Surfern zusehen, die zwischen Dutzenden von Delphinen ihre Beine vom Brett baumeln ließen und mit ihnen durch die Wellen schossen. Nach Partyleben, das man ihnen nachsagt, sah das bei den Surfern aber wahrlich nicht aus, denn die gingen alle tapfer um 7 Uhr morgens bei Nieselregel aus dem Haus, um sich bei Flut in die Suppe zu stürzen, wenngleich sie am Vortag noch bis ca. 18 Uhr im kalten Naß waren. Hier kann ich mal eine Weisheit eines Tauchlehrers zum Besten geben, wenn man sich nachdenklich über den aufkommenden Sturm und den eigenen Tauchgang äußert: „Believe it or not- you gonna get wet anyway“. Sehr hilfreich, danke. Es sah jedenfalls beeindruckend aus, wie sie inmitten der Delphine schwammen, nur fragten wir uns nur die ganze Zeit, ob wir das Vertrauen in unsere Augen aufbringen könnten, ihnen zu glauben, dass das nun nicht ein Hai sein könnte.

Im Vergleich zu den ländlichen Bereichen Südafrikas und besonders zu Namibia, sind die bisher genannten Städte meist ziemlich touristisch und vergleichsweise wohlhabend. In Jeffreys Bay gab es sogar eine künstliche Lagunenstadt, Marina Martinique, mit Bootszugang zum Meer viel Stacheldraht und bewachten Toren. Das alles dann klassischerweise neben dem großflächigen Slum, der aber relativ gut beisammen schien, sauber und aufgeräumt und aus größtenteils kleinen Häusern bestand, die alle, wie wir vermuten, neue Solaranlagen aufm Dach haben. Die obligatorischen Blechhütten standen dann als Backup-Haus dahinter als ob sie sich dann doch davon nicht trennen konnten. Hier im vermögenden Bereich der Ostküste und insbesondere der Gardenroute, sind deren Problem nicht die Verwahrlosung der Innenstädte, sondern die wuchernde Pest der Immobilienläden, die manche Straßen durchziehen wie bei uns die 1-Euroläden und Billigfrisöre. Die richtigen Großstädte entlang der Küste sind jedoch wahrlich häßlich, so z.B. Port Elizabeth, wo es zur WM echt traurig gewesen sein muss. Gleiches gilt für East London. Durban dagegen geht schon wieder aufgrund des langen Strandes und bietet sich als guter Standpunkt für Unternehmungen an. Ein Zeichen, dass in einer Gegend zu viele junge und soo coole Leute leben ist, dass die Städte ihre Namen verlieren, wie es auch hier geschieht: Port Elisabeth: PE!, Plettenberg Bay: Plett, Jeffreys Bay: J‘ Bay, Johannesburg: Jo‘ Burg.

Doch zurück zu den Tieren: Dann sind wir endlich wieder in einen Nationalpark, in den Addo-Elephant-Park, und haben dem Regen zum Trotz viel gesehen. Unser letzter Safariversuch scheiterte ja im Grenzgebiet zu Namibia und insofern hatten wir einiges nachzuholen. Wir haben eine Nachtsafari gemacht, die so sterbenslangweilig war, dass ich eingeschlafen bin und sogar ein Hase mehrmals versuchte, von unserem Auto überfahren zu werden, während uns unser Fahrer über die Vorzüge der Tatsache aufklärte, dass nur er die Taschenlampe benutzen durfte. Wir haben viele Elefanten getroffen, die Hyänen nur lachen gehört, aber dafür Löwen und Erdmännchen aus der Ferne beobachten können. Bei den Elefanten haben wir es wirklich geschafft, unbewußt das wichtigste Gebot des Parks zu mißachten: Keine Zitrusfrüchte im Auto, weil die Elefanten auf die abgehen wie nüscht und somit gerne die Autos auseinander nehmen, die welche in sich haben. Nun ja, wir wunderten uns schon ein bißchen, als auch der zweite Elefant uns offensichtlich hinterherlief und ich ihm wegfahren mußte, bis es uns endlich wie Schuppen von den Augen fiel. Wir haben sehr sehr viele Kudus und Pumbas gesehen und wer den Film König der Löwen kennt, der weiß, dass der arme Pumba Probleme mit der Verdauung hat und öfter mal ein Lüftchen lassen muss. Wir haben festgestellt, dass diese Schweine auf oral imitiertes Pupsen wunderbar reagieren. Disney sei Dank, wieder was über die Kommunikation von Tieren gelernt.

Damit hatten wir dann wieder das Abenteuer gewittert und waren wieder für Schandtaten bereit:
Katjas Surfwille wurde jedoch vom Wetter gebrochen (und der Tatsache, dass in einem Stranddorf nach 5 Todesfällen durch Haie die Surfschule geschlossen hatte) und mein Tatendurst wurde auch vollends gestillt. Ich hatte mich für einen Ausritt entschieden, weil ich mir das besser vorstellte, als morgens um 8 im Ozean zu planschen. Mein Gaul war aber so dämlich, dass er während einer Pause als ich die Zügel lockergelassen hatte und umgedreht quatschte, in einen Elektrozaun hineingraste. Mit dem Ergebnis, dass ich unter die Hufe geriet. Er hat mit seinem Huf um wenige Zentimeter die Kronjuwelen verfehlt, die Zukunft unseres Landes ist gerettet! Ich habe nun etwas meiner berüchtigten katzengleichen Beweglichkeit eingebüßt, bin aber sonst wohl auf.
Wir haben es für uns ein wenig überraschend geschafft, am Ende unserer Reise nicht zu sehr in Aktionismus zu verfallen und noch möglichst viel an Weg schaffen zu wollen. Wir haben 3 Nächte im abgeschiedenen Port St. John verbracht mit Wandern, Lesen und Wellen zusehen und nun unsere Zelte in St. Lucia aufgeschlagen, um von hier aus die Umgebung zu erkunden. Einer kleinen Stadt am Indischen Ozean, durch die abends die Nilpferde streifen und der Dank der Nähe zu Mosambique ein relativ mildes Klima gegeben ist. Wir waren in einem relativ kleinen Nationalpark, der uns aber eine Vielzahl von spektakulären Beobachtungen brachte, wie ihr an den Bildern sehen könnt. (Tja, muss auf Grund technischer Probleme leider nachgereicht werden.) Die Geparden mit ihrer Beute direkt neben der Straße und die vielen Nashörner in unmittelbarer Nähe waren die Highlights. Es ist erstaunlich, was ein erschrecktes Zucken eines Nashorns mit dem menschlichen Puls so anstellen kann, wenn das Tier nur nah genug am Auto ist.

Randbemerkungen: Ich wurde schon wieder beim Fahren ohne Führerschein erwischt. Nur diesmal waren wir gerade dabei, den Polizisten zu bestechen als ein höherer „Beamte“ kam und unserer sich dabei nicht ertappen lassen wollte und uns ungeschoren ziehen ließ. Hoffentlich das letzte Mal.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Schwaratzkies in Afrika ZWEI

Asantis quana Matschbanana

Da unsere Tage immer kürzer werden, die Nächte immer kälter und der Regen immer öfter den Tag fest im Griff hat und von Euch bereits so viel Rückmeldung kam, beenden wir doch die Reise mal mit einem Feuerwerk der Texte und Bilder. Wir sind nun wieder in der Legalität und auf festen Straßen in urbanen Gegenden auf der Garden Route angekommen. Das ist eine ganz andere Welt, sehr reich und europäisch. Alles ist sauber, sogar die Slums, die Leute joggen morgens und gehen dann in einem der unzähligen Restaurants am Hafen Austern essen. Nach einem Zwischenstop bei unserem Freund in Citrusdal (Und zwei Berliner getroffen), sind wir an Kapstadt vorbei nach Hermanus gefahren. Auf der Fahrt durch die Pässe der Cederberg-Ranch war deutlich zu sehen, dass uns der Winter eingeholt hat, denn die Berge tragen teilweise schon Schnee und die Temperaturen fallen sehr tief. In Hermanus regnete es dann passenderweise auch und wir nutzten die Situation in einem gemütlichen B&B fröstelnd den Tag im Bett zu verbringen UND (besonders zur Freude Katjas) dabei die Hochzeit von Kate und William zu schauen. Wir fanden auch, dass die Schwester (und ihr Hintern) sehr hervorstach. Der Lippenleser hat natürlich keine Peinlichkeiten gefunden und die Queen war überraschenderweise sehr ausgelassen. Soweit meine Einschätzung.

Wir haben beschlossen, aufgrund der Verschlechterung der Sightseeingqualität, kurzerhand die Intensität der Erlebnisse zu erhöhen. Katja hat sich mit Weißen Haien im Meer getummelt und ich bin auf einem gefiederten Straußensteak geritten. Wir würden beide jedoch nicht mit dem anderen tauschen wollen. Kennt ihr diese Grillzangen für Fische? So eng muss man sich den Tauchkäfig vorstellen und dann wird noch nen Deckel draufgepackt, damit der Taucher vollends hilflos ausgeliefert ist- na herzlichen Dank und Tschüß. Der feine Unterschied ist nur, dass der Fisch die Endgültigkeit dieser erbärmlichen Situation nicht mehr spürt, da er bereits dahingeschieden ist. Aber sich sicherlich nicht freiwillig in diese Situation begeben würde. Der menschliche Haihappen hingegen bei vollem Bewußtsein, mir unvorstellbar. Ich hielt mich auf dem schaukligen Dach auf und habe mir angesehen, wie dieses Monster seine engen Kreise, um unser -meinem durch Haihorror-Filme geschulten Blickes- zu kleines Boot drehte. Es war ziemlich starker Wellengang und ganz und gar kein Badewetter für Leute, denen wie mir die Badewanne gerade tief genug ist. Zuerst war nur ein ‚normaler‘ Weißer Hai mit 3,5 Meter da, um sich mal „neugierig umzuschauen“- was ich nicht glaube, die haben eindeutig Hunger. Wie allseits beteuert in seiner natürlichen Umgebung und sie würden die possierlichen Geschöpfe auch niemals anlocken oder füttern, damit der Hai den Menschen nicht mit Fressen verbindet. Sprach er, während sein Kollege wie irr Blut und Gedärme ins Wasser kippte und er mehrere Fischköppe an einem Seil befestigte, mit dem er den Hai zur Oberfläche nah ans Boot lockte. Der erste Hai vollführte spektakuläre Angriffe auf den Köder, dann kam jedoch ein 4,5 Meter Tierchen mit eindeutig massigerem Körper und egal, was einem die Tierschützer erzählen, die Viecher sind einfach monströse Killermaschinen, da gibt es nichts dran zu deuteln und der andere nahm auch reiß aus. Da beschlossen die mutigen Käfiginsassen freundlich aber bestimmt um ihre Freilassung zu bitten, das war ihnen dann doch zu viel des Heldentums. Verständlich. Da reite ich doch lieber gediegen auf wildgewordenen Straußen und verkaufe dies als Respektzollen vor dem Lebewesen, bevor ich sie esse. Ich fange halt lieber mein Essen, Katja läßt sich lieber vom Essen fangen.

Wie der Titel schon sagt, haben wir gerade König der Löwen gesehen. Katja hat das Glanzstück vollbracht, vor der einzigen traurigen Szene, dem schrecklichen Tod Mufasas durch Scar einzuschlafen, so dass ich dieses Jugendtrauma noch einmal allein durchleiden mußte. Ansonsten haben wir nicht nur den Rat Timon und Pumbas beherzigt, Hakuna Matata, sondern auch den Franz Beckenbauers, dass sich doch jeder Deutsche sein Land einmal von der Luft aus dem Helikopter heraus angesehen haben sollte. Wir haben uns aufgrund unserer urlaubsbedingten Abwesenheit statt der Zitadelle halt für die Victoria Fälle von Helikopter aus entschieden und haben sogar 15 Minuten Flugzeit (Und die Verdopplung des Preises!) geschenkt bekommen und hatten dadurch noch einen haarsträubenden Flug in dem Canon, durch den der Zambezi mit Urgewalt und fürchterlichen Wellen rauschte. Nach den Fällen verließen wir die Gegend durch Botswana. Das ist hier ein vergleichsweise reiches Land, was einem sofort ins Auge springt. Vor unser Grenzüberfahrt per Fähre konnte ich für eine Packung angefangener Kekse und meinen einen bunten Billig-Karabiner aus Pokhara eine Holzmaske und nen Nilpferd tauschen, so sehr herrscht hier die Armut, eigentlich wollten sie nur Brot. In Botswana fand hingegen auf der erstbesten Straße ein Fahrradrennen von Europäern statt mit voll ausgestatteten Materialwagen, Wasser- und Essenstops und Zielfahnen. Wir haben dann noch beschlossen, dem Haupttouristenziel Botswanas einen Besuch abzustatten, dem Okavango-Delta, obwohl wir eigentlich schon aufgrund der Arroganz der Polizisten, der zu großen Anzahl von Straßen für Geländewagen, zu vielen Schlaglöchern, ausschließlichen Vorbuchen von Unterkünften in Nationalparks, Regen etc. bockig waren. Da hier natürlich der Wasserstand so hoch wie selten war, konnten wir eine Tour ins äußere Delta machen mit Stechkänen im Schilf, was für mich dann schon eine etwas zu sehr kontemplative Angelegenheit ist und bei einer Sichtweite von 30 cm (Eben bis der Schilf auf beiden Seiten beginnt) ist das einzige worüber man wirklich was erfährt, das eigene meditative Selbst. Das ist wie Spreewald- nur statt Gurken Elefanten. Ist natürlich etwas übertrieben. Wir machten die Tour mit einem deutschen Ärztepaar aus Bochum (Er fragte ihren Bootsführer auch nach einer Stunde beschaulichen Schilfsbeschauens, ob hier denn Nilpferde seien? Selten. Elefanten? Ja, sieht man so aber nicht. Schlangen? Eigentlich nicht so häufig… und so weiter.). Aber aggressive Ameisen gab es in Hülle und Fülle. Anfangs sind wir mit dem Motorboot durch die Kanäle gedüst und haben viele Vögel gesehen, obwohl wir beide Venezuela ein um weiten besseres Vogelerlebnis zugestehen müssen. Wir haben dann noch eine Wanderung auf einer Insel gemacht, die davon beendet wurde, dass die Elefanten auf unserem Weg standen. Er versuchte sie entnervend aussichtslos zu verscheuchen, indem er mit einem Stock auf nen Busch einschlug und erstaunlicherweise keine Reaktion bekam, was er mit einem Schulterzucken a la „Ich hab ja schließlich alles gegeben, ihr habt‘s gesehen“ in unsere Richtung quittierte. Er stecke sich dann beiläufig eine abgerissenen Handvoll Schilf in das eine Nasenloch, woraufhin die HNO-Ärztin ihn direkt trocken fragte, warum er sich Gras in die Nase stecken würde. Er meinte ganz selbstverständlich, von der anderen Seite käme kein guter Geruch. Ok, belassen wir es lieber dabei.

Mit denen und einer Finnin, die kürzlich ein Bewerbungsgespräch per Skype geführt hat und zwar für eine Stelle bei einem Ministerium, haben wir dann noch einen Flug mit einer Kleinmaschine über das Delta gemacht. Das ist der einzige und relativ günstige Weg, die schiere Größe zu erfassen

Da die Temperaturen wie gesagt sinken, wurden die Feuer abends vom mückenverscheuchenden Nutz- und Romantikfaktor zum Heizen und einzigen Lichtpunkt in pechschwarzer Nacht gebraucht und die erste Aktion am Morgen in der Dämmerung war das Feuermachen mit klammen Fingern. Das klingt zwar schön ursprünglich und lustig, aber ich kann sagen, dass ich dauerhaft morgens doch lieber ne Heizung habe, sorry Campingromantik. Als uns Gas und Holz ausgingen, schlossen auch die Geschäfte, denn es lag das Osterwochenende vor uns und wir waren bereits wieder in Namibia angekommen und wollten in den Kgalagadi Transfrontier Nationalpark. Auf den Weg dorthin mußten wir in der Kalahari umdrehen, weil eine Straße überschwemmt war und danach bogen wir auch noch falsch in der Wüste ab und fanden uns 1,5h später wieder an der gleichen Stelle. Dann ging uns auch schon der Tank alle und wir hatten keinen Kanister dabei, aber wenigstens hatten wir wieder das deutsche Radio und es lief 101 Dalmatiner. Schlußendlich landeten wir bereits in der Dunkelheit auf einer Farm im Nirgendwo. Wir wurden gleich warm empfangen und bekamen Geleit zum Campen in den Bergen. Es war ein herrlicher Platz. Wir haben tolle Ostern bei dieser Familie verbracht. Als Tiere gibt es einen netten Boerbullen von 60 Kilo, einen Springbok, ein Fohlen, einen Welpen, den Hund Moni, Schweine und Katzen. Ich konnte endlich mal sagen: Da steht ein Pferd aufm Flur! Und es stimmte und aß genüßlich die Pflanzen. Im Garten stand ein zu Schrott gefahrener Wicked mit dem sich welche letztes Jahr hier überschlagen haben. Die waren offensichtlich auch illegal in Namibia, denn sie waren nach dem Unfall verschwunden. Sie lieferten uns oben in den Bergen ab, machten uns Feuer in der Dunkelheit, wiesen uns ein und dann kam noch der 9 Jahre alte Sohn mit dem Quad hinaufgedüst, aber da wußten wir noch nicht, wie gut er mit dem Auto unterwegs ist. Der hat uns die Dünen wie ein Großer hinaufgefahren. Wir hatten ein Outdoorklo und -dusche unter der man zur Erwärmung des Wassers Feuer machen mußte. Wir haben 2 Tage bei Ihnen verbracht und am Ostersonntag Trüffel gesucht Ein Angestellter hatte bereits ne ganze Tüte voll und es ist eine lustige Vorstellung, dass in ner Blechhütte in den Arbeiterbaracken abends einer nen Kilo Trüffel verspeist. Wir haben mehr oder weniger kritisch den neuen Nachbars-Bullen begutachtet, Wurst gemacht, Springbok gegessen, Arbeiter nach dem Osterwochende eingesammelt, Schafe durch die Kalahari getrieben etc. So sind wir in die beste Erfahrung über Land und Leute geschlittert. Dann hieß es Weiterfahrt in den Park. Seinetwegen ist uns diese Route geschehen, doch sollte gerade er sich uns verweigern. Er war voll, wir kamen nur für einen Tagesausflug hinein und kapitulierten vor den schlechten Straßen, auf denen nur ein Fahren mit guter Federung, Geländewagen und Luftdruck von 150 Bar möglich war. Außerdem war das Gras wegen des vielen Regen so hoch, dass eh nichts zu sehen war und die leuchtend roten Kalaharidünen eine schöne Sommerwiese waren. Also kein Park, dafür aber eine erfrischende Reiseroute.

Randbemerkungen: In Kürze finden hier die Wahlen statt, vielleicht lasse ich mich aufstellen, dann wird das doch noch was mit Geraldinien.